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Historisches

100 Jahre Österreichische Bäckerzeitung sind Anlass aber auch Verpflichtung, sich mit jenem Organ näher auseinander zu setzen, das seit der Monarchie die österreichischen Bäcker begleitet.

Ich möchte an dieser Stelle vor allem eines Menschen gedenken, der ganz wesentlich für den Erfolg der Zeitung verantwortlich war. Bäckermeister Alois Weber, der, selbst aus einer Bäckerfamilie stammend, über den Meistersöhneverein zur Wiener Bäckergenossenschaft gelangte. Mit einem als eindrucksvoll zu bezeichnenden Engagement wurde er deren Geschäftsführer und hatte ganz wesentlichen Anteil an der Gründung der Österreichischen Bäckerzeitung, deren erster Chefredakteur er wurde. 1907 übernahm er auch die Funktion eines Generalsekretärs des Zentralverbandes der österreichischen Bäckermeister. Erst 55-jährig, verstarb er am 18. Oktober 1929 praktisch während seiner Tätigkeit für das Bäckerhandwerk.

Doch seine Aufbauarbeit ermöglichte die nahtlose Fortsetzung der Medienarbeit durch seine Nachfolger.

2006 stellte sich die Frage, wie man an dieses Projekt herangehen soll. Die Geschichte der Österreichischen Bäckerzeitung selbst hätte sich zweifellos in einer Sondernummer mit 16 Seiten darstellen lassen. Aber sollte man die Gelegenheit nicht nutzen, um punktuell wichtige Themen und Probleme, die die Bäckerschaft in den jeweiligen Jahrzehnten bewegt haben, zusätzlich darzustellen?

Wir haben uns für diese Variante entschieden, es wurde nicht eine Sondernummer, sondern eine Festschrift, die bereits Buchform angenommen hat. Mehr als 50.000 Seiten Österreichische Bäckerzeitung waren nach „schreibbarem Material“ zu sichten, wesentliche Themen herauszufiltern und in komprimierter Form zusammenzufassen.
Das Endprodukt liegt nun vor. Einige der angezogenen Themen könnte man fast wissenschaftlich aufarbeiten, sie begleiten das Bäckerhandwerk seit endlos erscheinenden Zeiten. Anderes ist durch zeitgeschichtliche oder gesellschaftspolitische Umstände nur in einzelnen Jahrzehnten oder oft auch nur in einzelnen Jahren in Erscheinung getreten, und hat dennoch die Gemüter der Bäcker erhitzt.

 

Es zeigt sich auch ein deutlicher Wandel bei der Themengestaltung der Österreichischen Bäckerzeitung selbst. Waren bedingt durch die Wirrnisse der ersten fünf Jahrzehnte vor allem politisch beeinflusste Themen von Bedeutung, entwickelte sich die Österreichische Bäckerzeitung ab Mitte der 50er Jahre kontinuierlich zu einem Fachmedium, das sich vorrangig mit branchenspezifischen Problemen befasst.

Eines zeigt die Aufarbeitung der letzten 100 Jahre: Leicht hatten es die Bäcker nie. Kaum ein Berufsstand war derartigen gesetzlichen und politischen Reglementierungen ausgesetzt wie die Bäcker, gleichzeitig waren sie in den Krisenzeiten Hoffnungsträger in der Versorgung der Bevölkerung und damit auch permanentes Ziel von Angriffen. Selbst im sich entwickelnden Wohlstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Brot- und Semmelpreis bis 1988 politische Preise, nicht mehr die brotbackenden Müller, sondern Großkonzerne wie Tankstellen und Supermarktketten wurden zu den schärfsten Konkurrenten der Bäcker.

Die Darstellung von 100 Jahren Bäckergeschichte aus der Perspektive des Fachmediums soll daher auch ein Signal für die Zukunft sein, der Branche soll in Erinnerung gerufen werden, welche – zum Teil massiven – Probleme und Krisen in hervorragender Weise gemeistert wurden, aber auch wie viel Innovationsgeist in diesen 100 Jahren zur Modernisierung dieses alten Handwerks entwickelt wurde.


Diese Festschrift soll daher nicht nur als Rückblick verstanden werden, sondern auch als Absichts-
erklärung, das Österreichische Bäckerhandwerk auch in Zukunft zu unterstützen und zu informieren.


Dr. Kurt Schebesta
Geschäftsführer der Landesinnung Wien
der Lebensmittelgewerbe

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