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Und zu allem: das Brot

Bäckerzeitung 37.2013

 

– Von Irene Krauß M.A. –

 

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass Brot zwar in der Tat früher zu den prägendsten Nahrungsmitteln in vielen Ländern gehörte, das Brot selbst aber keineswegs für alle Menschen gleich war. Die Ärmeren haben dunkles gegessen, die Reicheren helles Brot.

Man kann sich fast an den Gegensätzen orientieren: Immer haben die Ärmeren in Europa dunkles, fast schwarzes Sauerteigbrot aus grobem Mehl und Kleie gegessen, wohingegen in vornehmen Haushalten weißes Brot aus gemahlenem und gesiebtem Getreide – meist Weizen – auf den Tisch kam. Aber auch dort ging man zunächst durchaus sparsam damit um: Aus dem Haushaltsbuch einer begüterten Familie des 14. Jahrhunderts in Venedig erfahren wir, dass weißes Brot nur gekauft wurde, wenn jemand erkrankt war, also der Stärkung bedurfte. So gehen einige Historiker heute davon aus, dass sich noch im 17. Jahrhundert nicht mehr als vier Prozent der Bevölkerung in Europa feines, mit Hefe gelockertes weißes Brot leisten konnten. Im Laufe des 17. Jahrhunderts gelang dann eine Verbesserung der für die Brotherstellung eingesetzten Bierhefe, so dass Weißbrot etwas häufiger gegessen wurde. Von der Antike bis ins Mittelalter war man noch auf die wilden Hefen – die Vorformen unserer heutigen Kulturhefe – angewiesen gewesen, um Brot und Bier zur spontanen Gärung zu bringen. Diese vermochten zwar Zucker in Alkohol abzubauen, öfter aber entstand durch gleichzeitig wirkende Säurebakterien Essigsäure, die das sprichwörtliche ‚saure’ Bier zur Folge hatte und den Brotteig verdarb. ‚Backen und Brauen gerät nicht immer’ lautete daher zu Recht ein geflügeltes Wort jener Zeit. Der gezielte Einsatz von systematisch gezüchteter Kulturhefe durch den dänischen Botaniker Emil Christian Hansen gelang erst Ende des 19. Jahrhunderts.

Zurück zum Weißbrot: Da dieses seit jeher kostbar und entsprechend begehrt war, kamen Betrügereien nicht eben selten vor: Mit Gips, weißem Töpferton, Kreide, gemahlenen Knochen und sogar mit giftigem weißen Blei wurde Brot im wahrsten Sinne des Wortes schön – nämlich hell – gefärbt. Dagegen bezeichnete Johann Sigismund Elsholtz, der Leibarzt des Großen Kurfürsten in Berlin, das schwarze, also ballaststoffreichere Brot, und das braune aus Vollkornweizen noch 1682 als ‚Gesindebrot’.

Die Unterteilung in helles und dunkles Brot für unterschiedliche Sozialschichten, Regionen oder Anlässe kennen wir auch im 19. Jahrhundert noch. Die Einteilung war klar: dunkles Brot für den alltäglichen Gebrauch und helles für die Feiertage oder für Kranke. Es hat also über Jahrhunderte den vom Standpunkt der Ernährungswissenschaft heute schwer verständlichen Wunsch nach hellem Brot gegeben.



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